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7. Eintrag

10.05.2014 20:13

Nachdem ich dieses Semester mit meinem Blog ziemlich geschlampt habe, möchte ich wenigstens einen Eintrag schreiben.

Nach meinem sehr schönen, anstrengenden und spaßigen Deutschlandaufenthalt ging es für mich Anfang Januar wieder zurück nach Kentucky. Die letzte Woche der Ferien musste ich direkt mit Lernen verbringen, da ich noch vor Semesteranfang eine Klausur hatte. Es handelte sich um eine prelim-Klausur. Man muss in den ersten drei Jahren drei sogenannte preliminary examinations bestehen, damit man seine Doktorarbeit anfangen kann. Die Prüfungen gehen über zwei Semester und ich habe es im Januar einfach einmal probiert. Glücklicherweise habe ich die Klausur bestanden und ich konnte somit den zweiten Algebra-Kurs überspringen und eine sehr interessante Vorlesung über representation theory besuchen.

Gerade in den ersten zwei Monaten des Semesters bin ich auf einige Basketballspiele meiner Uni-Mannschaft gegangen. Dort geht es wirklich zur Sache und es war eine super Erfahrung. Hier sind einige Bilder:

Basketballtechnisch wurde es nur von dem NBA-Spiel der Indiana Pacers gegen die Portland Trail Blazers getoppt, das ich mit zwei Freunden besucht habe. Wir haben ein super Spiel erwischt, denn es ging in die Overtime und dort haben dann die Pacers gewonnen. Hoffentlich bekomme ich noch öfter die Chance, auf einige Spiele zu gehen.

 

Mein guter Vorsatz für das neue Jahr war nämlich, dass ich ein NBA-Spiel, ein NFL-Spiel, ein MLB-Spiel und ein NHL-Spiel besuche. Also werde ich versuchen, die vorlesungsfreie Zeit für ein paar Spiele zu nutzen.

Auch mathematisch gesehen kam ich viel herum. Im Februar ging es auf eine Konferenz in North Carolina. Es ist schön zu sehen, dass man bei Konferenzen inzwischen bekannte Leute wiedertrifft. Ein großer Highlight für mich war mein Besuch in San Francisco. Ich wurde von Matthias Beck eingeladen während meinem spring break an seiner Uni einen Vortrag über unsere gemeinsame Forschung zu halten. Dadurch konnte ich 5 Tage in San Francisco verbringen und ich habe die Zeit dort absolut genossen. Ich habe viele nette Leute kennengelernt, mein Vortrag lief ganz gut und ich konnte San Francisco/Oakland/Berkeley gut genießen. Es ist echt ein super Ort, um dort zu leben. Die Stadt hat einfach einen riesen Flair und ist wunderschön. Außerdem war es eine coole Sache einmal den Campus der UC Berkeley zu besuchen. Die haben dort sogar Parkplätze, die für Nobelpreisträger reserviert sind.

Ende April ging es dann auf eine Konferenz in Auburn, Alabama. Dort konnte ich meinen ersten Vortrag auf einer Konferenz halten. Das war eine super Erfahrung, auch wenn ich etwas nervös davor war :-)

Zum Glück gibt es für die ganzen Konferenzen gute finanzielle Unterstützung, dadurch bekommt man die Gelegenheit sehr viel zu reisen. Im Sommer wird es nach Urbana, Illinois auf eine summer school/research conference gehen und danach geht es direkt weiter zu einer Konferenz am MIT. Auf beides freue ich mich schon sehr, denn ich werde bestimmt viele interessante Vorträge hören und coole Leute kennenlernen. Außerdem bekomme ich etwas von den USA zu sehen.

Ein weiteres Highlight war March Madness. Unser Uni-Team hat rechtzeitig seine gute Form gefunden und hat es bis ins Finale der nationalen Meisterschaft geschafft. Glücklicherweise haben sich auch nur zwei Spieler zum NBA-Draft angemeldet (Julius Randle und James Young), dadurch werden wir nächstes Jahr eine weitere Chance auf die Meisterschaft haben. Es ist echt krass, wie sehr hier die Stadt durchdreht. Straßen werden gesperrt, Couchs werden angezündet und die Uni ist im Ausnahmezustand. Am Tag nach der Finalniederlage musste ich leider um 8 Uhr früh unterrichten, und die Studenten waren merklich (physisch und psychisch) absolut angeschlagen. Ich brauche nicht sagen, dass an dem Tag wenig ging.

Es ist auch ein komisches Gefühl, wenn man zukünftigen NBA-Spielern andauernd auf dem Campus begegnet. Die Spieler stechen aufgrund ihrer Größe auch sehr aus der Masse heraus. In der nächsten Saison haben wir 3 Spieler, die mindestens 2.13 m groß sind. Der Rest der Spieler ist auch (größtenteils) über 1.95 m. Da kommt man sich manchmal schon sehr klein vor.

Unitechnisch lief es in letzter Zeit auch gut. Die Prüfungswoche ist herum, und am Mittwoch hatte ich meine letzte Prüfung. Am Donnerstag musste ich dann selber korrigieren und gestern die Noten eintragen. Da gibt es echt Schöneres....

Allerdings habe ich abends öfter mit Freunden gegrillt, um einfach mal ein bisschen Abwechslung zu bekommen. Da haben wir es uns manchmal gut gehen lassen.  :-)

Jetzt freue ich mich erstmal auf die vorlesungsfreie Zeit. Nächste Woche geht es mit ein paar Freunden campen und irgendwann geht der Lern-Marathon für die nächsten prelims anfang Juni los. Das wird bestimmt ein "interessanter" Monat...

Heute Abend werde ich wohl ein paar Bier auf die Bayern trinken, um den 24. Titel zu feiern. An dieser Stelle möchte ich nur einmal erwähnen, wie lächerlich ich die Medienberichte über die Bayern finde. Erst heißt es, die Bayern erdrücken die Liga und sind auf Jahre hinaus unschlagbar und dann haut jeder drauf, weil man im Halbfinale der CL gegen Real Madrid (!) ausscheidet und ein paar Spiele zugegebenermaßen schlecht spielt. Das kommt halt mal vor und nächste Saison wird man wieder versuchen, den CL Titel nach München zu holen.

6. Eintrag

31.12.2013 10:37

Mein erstes Semester an der University of Kentucky ist schon vorbei. Ich kann es kaum glauben, denn ich fühle mich nicht so, als ob ich schon "lange" drüben wäre. Ich konnte jede Menge Unterschiede zwischen den Vorlesungen in Würzburg und denen in Lexington feststellen. Das Verhältnis zwischen Professor und Studenten ist viel lockerer und persönlicher. Man kommuniziert viel mehr außerhalb der Vorlesungen, z. B. bei den office hours. Auch die Korrekturen der Klausuren sind anders; manchmal steht einfach ein "come talk to me" an Stellen, bei denen man nicht ausführlich genug war. Dann kann man den Prof im Büro besuchen und erklären, was genau gemeint war. Den Professoren kommt es mehr darauf an, dass wir das Zeug verstehen und nicht, dass wir möglichst viele Punkte bekommen. Auch das Klausurensystem ist anders, da man meistens schon zur Mitte des Semesters einige Examina hat. Persönlich gefällt mir das System besser, da man öfters eine Lernmotivation hat und auch die einzelnen Klausuren nicht so stark gewichtet sind. Je nach Dozent bekommt man auch take-home exams, d.h. man bekommt die Prüfung ausgeteilt und hat dann (z. B.) eine Woche Zeit, die Prüfung abzugeben. Das System setzt natürlich voraus, dass die Studenten nicht betrügen. Im Endeffekt würden wir uns damit nur selber schaden und deswegen klappt es ziemlich gut.

Auch die Einstellung der Studenten ist um einiges besser als in Deutschland. Ich habe es im ganzen Semester nicht erlebt, dass ein Student zu faul war seine Hausaufgaben zu machen. Oftmals trifft man sich und lernt zusammen, oder spricht nochmal das Zeug durch. Auch an den Wochenenden habe ich bisher praktisch nie ein leeres Büro vorgefunden. Ob an Samstagen oder Sonntagen, man trifft praktisch immer jede Menge Studenten und Dozenten, die die Zeit nutzen wollen/müssen. Jeder schaut, dass er genug Zeit in den Stoff investiert. Das sorgt natürlich für eine angenehme Atmosphäre, gerade in den Vorlesungen. Fragen in den Vorlesungen sind sehr häufig und die Professoren erklären es gerne mehrmals. Es geht insgesamt sehr interaktiv zu.

Einige Professoren haben uns am Ende des Semesters auch in die Wirtschaft zu einem gemeinsamen Essen eingeladen. Die Professoren hören auch viel mehr auf unsere Meinungen und wir können sogar Kurse vorschlagen, die wir gerne hören würden. Wir haben jetzt schon Emails bekommen, was wir im nächsten fall semester belegen können und wir konnten schreiben, was wir gerne belegen würden. Vor der Kurswahl gab es auch noch eine kurze Unterredung mit unseren Betreuern (für first-year grad students ist das normal der Director of Graduate Studies [DGS]). Das ist sehr angenehm und hilfreich. Es gab auch Veranstaltungen, in denen der DGS wissen wollte, was für Verbesserungsvorschläge wir Studenten haben und wie es bei uns läuft.

 

Das Unterrichten war eine sehr interessante Erfahrung für mich. Am Anfang habe ich mir ein paar Sorgen gemacht, dass ich vor 35-40 Studenten stehen muss und auf Englisch denen Mathe erklären soll. Es hat sich allerdings sehr schnell herausgestellt, dass das nicht wirklich tragisch ist und mir das Unterrichten viel Spaß macht. Die Studenten müssen an der Uni Mathevorlesungen besuchen und dementsprechend hoch war bei manchen (nicht bei den meisten! :-) ) die Motivation. Durch dieses Semester habe ich echt das bayerische Bildungssystem zu schätzen gelernt. Nicht nur in Mathe, sondern auch in Fremdsprachen, Naturwissenschaften, Geschichte, Erdkunde haben wir ein gutes Hintergrundwissen. Ich denke, dass das niedrigere Niveau eine Folge davon ist, dass die Schulen nicht getrennt werden. Man braucht nicht mal einen Schulabschluss, um studieren zu dürfen. An der Uni werden Studenten sehr gefördert. Doktorandenprogramme zahlen praktisch immer ein gutes Gehalt und es gibt auch sehr gute Stipendien. Als kleines Beispiel: Manche Stipendien bieten  30 000 $ Jahresgehalt; dazu kommt noch, dass die Studiengebühren nicht gezahlt werden müssen, die Krankenversicherung gezahlt wird UND man nicht einmal unterrichten muss. Man kann sich also voll auf sein Studium konzentrieren. Auch in den Doktorandenprogrammen wird richtig um Studenten geworben. Alle Leute, die angenommen werden und in den USA wohnen, bekommen den Flug zur Uni und die Hotelkosten gezahlt, nur damit sie sich das Programm und die Uni anschauen können. Es gibt einen richtigen Wettbewerb um gute Studenten.

 

Auch persönlich war für mich das Semester sehr schön. Wie schon in den Einträgen zuvor erwähnt, ist es sehr leicht Freunde zu finden. Ein kleines Highlight war natürlich Thanksgiving, das ich mit ein paar Freunden gefeiert habe. Wir haben uns frühs um halb 11 getroffen und haben den Truthahn vorbereitet. Nachdem alles vorbereitet war, hatten wir dann einfach eine gute Zeit, die im Essen ihren Höhepunkt fand. Nachts bin ich --- bis oben hin mit Truthahn gefüllt --- gen Wohnung gelaufen.

 

Viel Freude hat mir 2013 natürlich der FC Bayern bereitet. Nachdem ich den glorreiche Triumph über Dortmund noch in Deutschland feiern durfte, musste ich den Sieg des UEFA Super Cup von Lexington aus feiern. Den Erfolg bei der FIFA-Klub-WM habe ich dann am Flughafen in Charlotte feiern können.

 

An dieser Stelle möchte ich mich nochmal für die ganzen Glückwünsche zum Geburtstag bedanken. Viele Dank auch für die netten Feiern und die tollen Geschenke! Es war sehr schön euch alle mal wieder zu sehen.

Ich wünsche Euch einen guten Rutsch ins neue Jahr!

 

P.S.: Nur Fabi hat wohl die Matheaufgabe aus dem letzten Eintrag lösen können/ für trivial befunden :-)

 

5. Eintrag

05.11.2013 01:48

Ich habe gerade eben den Anfang des letzten Eintrags gesehen und war schockiert, dass darin der Anfang der Vorlesungszeit beschrieben wird. Da habe ich wohl ziemlich nachgelassen; mea culpa. Inzwischen ist schon mehr als die Hälfte des ersten Semesters herum und es wird Zeit für den nächsten Eintrag. Natürlich hat sich in den letzten Wochen/Monaten einiges ereignet.

 

Ich war inzwischen auf zwei Mathekonferenzen und es ist mit sehr viel Spaß verbunden. Das liegt wohl daran, dass ich mit den Leuten, mit denen ich dort hinfahre, sehr gut auskomme und auch davon unabhängig mit ihnen viel unternehme. Außerdem lernt man viele Leute kennen, was auch sehr interessant ist. Auch das erste paper (zusammen mit Matthias Beck) ist auf arXiv.org zu finden und wurde auch bei einer Zeitschrift eingereicht. Mal schauen, wann wir etwas davon hören. Es war auf jeden Fall eine sehr coole Erfahrung zu sehen, wie meine mathematische Zukunft aussehen könnte.

 

Die Vorlesungen machen immer noch viel Spaß und auch das Arbeitspensum ist angemessen. Ab und an wird es natürlich stressig, aber alles andere wäre auch sehr komisch. Das Arbeitsklima ist extrem angenehm, da im Endeffekt jeder die Vorlesungen verstehen will und man sich auch sehr viel gegenseitig hilft. Die Vorlesungen sind vielleicht von 15-20 Leuten besucht, und somit sehr überschaubar. Somit können die Professoren viel mehr auf die Studenten eingehen und die Vorlesungen werden automatisch interaktiver (=> spannender!). Da es in den USA üblich ist, dass man midterm exams (also Klausuren zur Mitte des Semesters) schreibt, habe ich auch schon meine erste Klausur hinter mir. Interessanterweise war es ein take-home exam, was heißt, dass wir die Klausur montags in der Vorlesung ausgeteilt bekommen haben und zum nächsten Montag wieder abgeben mussten. Wir wurden dazu angehalten, dass wir die Klausur versuchen innerhalb von zwei Stunden zu schreiben und keine Hilfsmittel verwenden. Dies ist allerdings mehr oder weniger ein Tipp, damit wir uns selber gut auf die prelims (wichtige Examen zur Zulassung der Doktorarbeit, die über zwei Semester gehen) vorbereiten können. Die Form der Prüfung ist sehr angenehm, da man keinen Zeitdruck hat und somit auch keinen Blackout bekommen kann. Trotzdem war es sehr erstaunlich zu sehen, dass (zumindest meines Wissens nach) niemand mit anderen Leuten über die Klausur geredet hat und jeder es selber probiert hat. Auch sonst passt es akademisch sehr gut und ich (=meine Eltern) habe(n) sogar schon mein Bachelorzeugnis von der Uni Würzburg bekommen. :-)

Seit heute können wir uns für  die Vorlesungen im nächsten Semester eintragen. Das Interessante hierbei war zu sehen, dass jeder Student sich vorher mit seinem Betreuer darüber beraten musste. Also kümmern sich die Leute hier doch schon sehr gut um uns und es zeigt das gute Verhältnis zwischen Studenten und Professoren. An Halloween waren wir bei einem Professor zu einer Feier eingeladen. Dort war es sehr lustig und auch der darauffolgende Barbesuch war ein schönes Erlebnis.

 

Auch abgesehen von der Uni läuft es hier sehr gut. Es ist sehr leicht, Leute kennenzulernen und es haben sich klare Freundschaften und Freundeskreise herauskristallisiert. Ich unternehme sehr oft etwas mit meinen Freunden,wie z.B. der (fast) wöchentliche Besuch eines Football Spiels (inklusive pregame!). Inzwischen sind leider die Pferderennen in die Winterpause gegangen. Obwohl ich kein sonderlich großer Pferdefan bin, ist es trotzdem lustig in einer Gruppe zu Pferderennen zu gehen, 1$ Bier zu trinken und 1$ hot dogs zu essen. Am Ende war mit Keeneland nochmal ein großes Highlight angesagt, da die Veranstaltung überregional bekannt ist und somit jede Menge Leute anwesend waren. Glücklicherweise fängt diese Woche die College-Basketballsaison an. Hier ein paar kleine Eckdaten, um einmal zu zeigen, wie wichtig Basketball ist:

Am Freitag fand ein Trainingsspiels gegen ein kleines Team aus der Umgebung statt; natürlich wurde es im nationalen TV übertragen. Am Dienstag hat das Team gegen sich selbst gespielt und fast das Stadion ausverkauft. Hierbei sollte man wohl erwähnen, dass unsere Basketballarena die größte in den USA ist, größer noch als jede andere NBA-Halle.

Der Coach unseres College-Teams verdient mehr Geld, als der Coach der Miami Heat, die immerhin die letzten beiden NBA-Meisterschaften gewonnen haben. Er ist der bestbezahlte College-Coach weltweit. Bei Meisterschaften verbrennen viele Leute ihre Couch auf den Straßen. Auch wenn eine gewisse Quote an Ticktes für Studenten zurückgelegt wird, kommt man kaum an Karten. Alle Karten werden in einer lottery verlost und die Chancen sind minimal, nahezu im Epsilon-Bereich. Dafür wird in jeder Bar praktisch jedes Spiel im Fernsehen gezeigt und die ganze Stadt ist schon sehr euphorisch und es wird immer blauer (und nein, es sind keine Schalke Fans; Schalke mag auch hier keiner).

 

Sprachlich wird es immer besser und ich träume mittlerweile teilweise auf Englisch, was ein sehr komisches Gefühl war. Das Unterrichten macht mir sehr viel Spaß, auch wenn ich einen etwas fortgeschritteneren Kurs bevorzugen würde. Momentan haben wir gerade rationale Funktionen abgeschlossen und sind kurz davor, trigonometrische Funktionen einzuführen. Auf die damit zusammenhängende Rechnerei habe ich wenig Lust :) Immerhin komme ich gut mit "meinen" Studenten aus.

 

Am Ende noch eine kleine mathematische Herausforderung an die Minderheit der Mathe-Studenten, da ich die damit zusammenhängende Identität (und den Beweis!) sehr schön finde:

Beweise (ohne Induktion ;) ), dass 1³ + 2³ + 3³ +...+n³ = (1 + 2 + 3+...+n)² .

 

Ich hoffe, dass ich in den nächsten Wochen mal wieder ein bisschen öfter zum Schreiben komme.

 

Cheerio,

flo

4. Eintrag

15.09.2013 22:19

In den letzten Wochen ist einiges passiert. Die Vorlesungen sind losgegangen und es interessant zu sehen, wie sich das deutsche System von dem amerikanischen System unterscheidet. Eine Standardvorlesung dauert hier 50 Minuten, dafür hat man 3 Mal Vorlesung die Woche. Übungen gibt es hier keine mehr, dafür jede Menge Hausaufgaben. Teilweise wird auch gefordert, dass wir die Aufgaben mit LaTeX verfassen müssen, was interessanterweise in manchen Vorlesungen in Würzburg verboten war. Die Aufgaben sind teilweise knifflig, dafür sind die Professoren sehr hilfsbereit und man kann sie in ihrem Büro aufsuchen und um Hilfe bitten. Um Hilfe bitten kann man sie in Deutschland zwar auch, aber hier machen es die Studenten sogar. Das liegt eventuell daran, dass die Hausaufgaben mit in die Note eingehen. Anwesenheit geht übrigens auch in die Endnote mit ein. Ein weiterer Unterschied ist, dass es nicht nur eine Klausur am Ende des Semesters gibt, sondern auch welche in der Semestermitte. Das finde ich eine sehr positive Änderung, auch wenn sich meine Meinung wohl kurz vor den midterm exams ändern wird. Meine Vorlesungen finde ich sehr interessant und sie machen Spaß. Für jede Vorlesung muss man sich ein Buch kaufen, wobei die Bücher ziemlich teuer sind. 150 € (nicht Dollar) sind da schnell ausgegeben.

 

Für mich ist auch neu, dass ich eine recitation section leiten darf. Eine recitation section ist wohl ähnlich zu einem Tutorium in Deutschland, mit den Unterschieden, dass Anwesenheitspflicht herrscht, ich die Leute benoten darf und muss und auch unangekündigte quizzes schreiben könnte. Hierbei sollte ich erwähnen, dass es an der Uni hier jeder gewisse Fächer belegen muss, also auch Mathe. Somit habe ich nicht nur Leute in den sections, die Mathe lernen wollen, sondern auch Leute, die Mathe lernen müssen. Es ist sehr erstaunlich, wie niedrig das Niveau ist. Mit das Schwerste, das bisher als Thema aufgetaucht ist, haben wir in der 9. Klasse gelernt und ist das Lösen von quadratischen Gleichungen. Die Studenten sind daran nicht schuld, allerdings ist es ein extremer Unterschied zu Deutschland und man merkt, wie gut wir es eigentlich haben. Das heißt aber nicht, dass ich das deutsche System fehlerfrei finde (G8...). Mit der Sprache habe ich hierbei wenig Probleme und ich denke (und hoffe), die Studenten verstehen mich, wenn ich etwas erkläre.

 

Die Stimmung zwischen den graduate students ist übrigens auch sehr gut. Es gibt viele soziale Veranstaltungen, wie z.B. eine gemeinsame Teezeit freitags, oder eine Veranstaltung, wo graduate students Vorträge halten und es kostenlose Pizza gibt. Mit den anderen first year grad students komme ich gut klar. Wir gehen jeden Donnerstag zusammen zu einem Pferderennen. Für Studenten ist der Eintritt frei und "Bier" und hot dogs kosten je 1$. Außerdem waren wir die letzten beiden Wochenenden beim American Football. Unser Team scheint leider eher schlecht zu sein und nach den Angaben meiner Mitstudenten ist das Stadion auch relativ klein. Ich finde jedoch, dass 60 000 Plätze für ein Collegeteam durchaus passabel sind :-) (v.a. wenn man Vergleiche mit den Fußballstadien in Deutschland zieht) An den Spieltagen trifft man sich vorher zum pregame, was ziemlich lustig ist. Man trinkt ein paar Bier und genießt die Zeit. Bald möchte ich auch tailgating ausprobieren. Man fährt zu einem Parkplatz (vorzugsweise vor'm Stadion) und packt den Grill aus. Das ist sehr verbreitet und wenn man sich auf den Weg zum Stadion macht, sieht man jede Menge Leute grillen. Zwar ist Basketball mit Abstand der beliebteste Sport in Lexington, trotzdem ist es beeindruckend wie viele Leute zu den Spielen gehen und feiern. Die ganze Stadt scheint blau (bleed blue ist ein Motto hier) zu sein.

 

Am nächsten Wochenende geht es mit einigen anderen graduate students auf einen workshop nach North Carolina. Für amerikanische Verhältnisse ist es sehr nahe, auch wenn es 1150 km sind. Ich freue mich ziemlich darauf, denn es wird bestimmt eine interessante Veranstaltung und man lernt viele Leute kennen.

 

P.S.: Danke an alle, die mir Feedback gegeben haben! Für weitere konstruktive Kritik bin ich offen. :-)

3. Eintrag

21.08.2013 21:57

Der Check-In workshop am Dienstag stellte sich als Infoveranstaltung für international students heraus. Wir wurden auf einige Organisationen und Veranstaltungen aufmerksam gemacht, sowie mit genaueren Infos über unser Visum versorgt. Wir müssen z.B. spätestens 10 Tage nach einem Umzug die neue Adresse melden. Außerdem müssen wir jedwede Arbeit, die nicht an der Uni stattfindet, melden und uns genehmigen lassen; das gilt auch für Praktika, die vom Studium vorgeschrieben sind. Sonderlich spannend war es nicht, aber es könnte auf Dauer nützlich sein. Die ethnische Verteilung war trotzdem sehr erstaunlich (zumindest für mich): Von 16 Leuten, waren 12 Asiaten, 3 Europäer (mich inklusive) und einer Südamerikaner.

Den Mittwoch nutzte ich vor allem, um das Busnetz auszuprobieren und um anschließend die Stadt (teilweise unfreiwillig) zu Fuß zu erkunden. Da Ferien sind, fuhr der Bus nicht wie im Internet angegeben, sondern eine andere Route. Das hatte zur Folge, dass ich nicht wusste, aus welcher Richtung ich kam, da wir einen komischen Rundkurs gefahren sind. Anders als in Deutschland wurde im Bus nicht vorher gesagt, was die nächste Haltestelle ist, sondern erst nach dem Haltewunsch kommt, wo er hält. Dann war es im Endeffekt eine 50-50 Entscheidung, ob ich aus der gleichen Richtung wie im Internet kam, oder nicht. Erfahrungsgemäß treffe ich bei sowas in 80% die falsche Entscheidung. Als Folge bin ich in der Innenstadt gelandet und konnte mich dort ein bisschen umschauen.

Donnerstag ging es dann mit einer pre-orientation for international students weiter, die natürlich extrem spannend war. Man konnte allerdings jede Menge Leute kennenlernen und uns wurde gesagt, wie der Sprachtest, den jeder international student machen muss, aussieht. Man muss eine 5-7 minütige Präsentation (aus dem eigenen Fachgebiet) halten, die jedoch auf elementarem Niveau sein musste. Sie sollte so gestaltet sein, dass das Prüfungskomitee, das aus einem undergraduate student, einer Sprachspezialistin und einem Matheprof zusammengesetzt war, das Thema verstehen konnte, d.h. ich musste ein Thema wählen, das aus der Schule bekannt sein konnte. Allerdings hat mir das amerikanische high school System einen kleinen Strich durch die Rechnung gemacht, da ich davon ausgegangen bin, dass der Begriff einer Funktion bekannt war. Das war schnell erklärt und ich konnte ohne weitere Verzögerung fortfahren. Die anderen Teile waren lautes Vorlesen und ein Rollenspiel mit dem undergrad student, sowie das Beantworten einer Frage zu einem der 3 Bereiche. Freitags hatte ich direkt den ersten Termin; hierbei wurde alles mit einer Kamera aufgezeichnet. Die Prüfung ist nicht unwichtig, da man in 4 verschiedene Gruppen eingeteilt wird. Leute der ersten Kategorie dürfen allein für einen Kurs verantwortlich sein, Leute der zweiten Kategorie dürfen Tutorien halten, Leute der dritten Kategorie müssen den Test nochmals machen, dürfen aber ein Semester lang Übungen, Prüfungen, etc. korrigieren. Leute der vierten Kategorie fallen durch, d.h. sie haben noch eine Chance ein Semester später, wenn sie diese vergeben, müssen sie andere Arten der Finanzierung des Studiums finden.

Das Wochenende und den Rest des Freitags habe ich zum Entspannen und Genießen des Wetters genutzt. Außerdem war die erste Wohnheim-"party". Es war keine Party im eigentlichen Sinne, sondern es gab kostenloses Essen und kostenlose, alkoholfreie Getränke. Am Ende der Veranstaltung wurden Preise verlost, wobei Nummern verwendet wurden, die wir beim Einzug bekommen haben. Ich habe ein signiertes Bild von einem der Uni-Basketballer bekommen. Hieran sieht man gut, wie wichtig College-Basketball für die Leute in Lexington (nicht nur für die Studenten oder Alumni) ist und welchen Star-Status die Leute haben.

Am Montag ging es los mit den Orientierungsveranstaltungen für alle teaching assistants. Den Vormittag verbrachten wir in Gruppen von 10 Leuten und am Nachmittag hatten wir weitere Infoveranstaltungen. Als Student haben wir z.B. Zugang zur kostenlosen psychologen Betreuung (was ich übrigens nicht in Anspruch nehmen möchte) und wir haben gezeigt bekommen, wie wir uns verhalten sollen, wenn andere Studenten psychisch abbauen oder belästigt werden. Der Vormittag wurde dem microteaching gewidmet, d.h. jeder sollte eine 10-minütige Präsentation vorbereiten, die mit der Kamera aufgenommen wurde. Ich habe natürlich das gleiche Thema wie bei der Sprachprüfung genommen und die grobe Idee erklärt, wie man bei Funktionen die Steigung bestimmt. Um keinen (mich selbst inklusive) zu langweilen, habe ich nur Bilder gemalt und nichts gerechnet. Montags haben wir diskutiert, worauf es ankommt und wie wir es am besten rüberbringen. In der Gruppe hat es viel Spaß gemacht, da sich jeder engagiert hat und wir interessante Diskussionen hatten. Dienstags wurden wir dann aufgenommen und die anderen Studenten haben uns Feedback gegeben. Da hier jeder ehrlich war, hat es echt geholfen zu sehen, wie man rüberkommt und was man besser machen könnte. Allerdings war es sehr komisch sich selber das Video des eigenen Vortrages anzuschauen. Es ist ungewohnt sich selber reden zu hören und auch die eigene Körpersprache zu beobachten. Außerdem waren die Leute in der Gruppe sehr cool und, da wir alle aus verschiedenen Gebieten kommen, hatte jeder auch einen anderen Blickwinkel. Es hat sehr viel Spaß gemacht mit den Leuten rumzuhängen und alle kennenzulernen. Eine aus der Gruppe studiert Deutsch und ich hatte durch ihre Präsentation die Möglichkeit zu sehen, wie Deutsch als Fremdsprache unterrichtet wird. Das fand ich sehr interessant und wir haben gelernt, wie man sich auf Deutsch begrüßt und sagt, woher man kommt. Ein anderer Student studiert Paartherapie und vor allem die anwesenden Damen waren begeistert von seiner Präsentation und er wurde mit Fragen durchlöchert. Ich gönne ihm das natürlich und der Vortrag war wirklich gut, aber komischerweise war das Interesse bei meinem mathematischen Thema nicht so hoch.

Morgen gibt es dann weitere Einführungsveranstaltungen, dieses Mal allerdings vom math department. Da bin ich sehr gespannt und ich freue mich darauf, meine Mitstudenten und Profs kennenzulernen. Ich hatte schon Email-Kontakt mit einigen und die Leute sind sehr offen und es ist definitv anders als in Deutschland. Nach meiner Sprachprüfung kam z.B. der Mathe-Prof zu mir, hat sich nochmal vorgestellt und erklärt, was für einen Kurs er in diesem Semester hält. Er würde sich sehr freuen, wenn ich den Kurs belegen würde. Ein anderer Prof hat gleich die erste Email an mich mit seinem Vornamen unterzeichnet. In Deutschland waren die Profs zwar immer sehr nett und hilfsbereit, aber es ist distanzierter und es hat auch noch kein Prof zu mir gesagt, wie toll es doch wäre, wenn ich seinen Kurs beläge.

Mir sind inzwischen schon einige Unterschiede aufgefallen, größtenteils bei den eher "kleineren" Sachen. Das erste Problem war wohl mein Kampf mit den Jalousien. Inzwischen weiß ich aber, dass man nach rechts ziehen muss, wenn man es feststellen möchte. Auch die Mülltrennung läuft hier (im Gebäudekomplex) ein bisschen anders ab, es gibt einmal recyclebar und einmal nicht-recyclebar. Ich komme mir immer noch komisch vor, wenn ich Papier mit Flaschen in einen Container stecke. Außerdem bin ich auf der Suche nach Soßenbinder verzweifelt. Für mich heißt das: entweder die Soßen hier sind dünner, oder es wird komplett Fertigsoße verwendet, da ich bezweifle, dass jeder Mehl verwendet. Sollte sich hier jemand denken, dass ich falsch liege, darf er mich gerne korrigieren und mir sagen, wo ich endlich Soßenpulver bekomme. :-)

Achja, seit dieser Woche habe ich einen Mitbewohner. Er ist auch ein international student und wirkt sehr nett. Wir beide sind Fußballfans und eine der ersten Fragen war:"Bayern oder BVB" Nachdem ich "Bayern" gesagt hab, gab er mir ein fist bump. Ich denke, wir werden gut auskommen.

Bis bald,

flo

 

P.S.: Es wäre ganz nett, wenn ihr mir eure Meinung darüber mitteilt, ob die Einträge zu lang sind und ich öfter, dafür aber kürzer schreiben sollte, oder ob es so passt. Thanks!

2. Eintrag

13.08.2013 10:24

In der letzten Woche ist einiges passiert. Letzten Mittwoch stand mein Umzug vom Hotel, in dem ich die erste Woche verbracht habe, in mein neues Apartment an. Doch bevor ich umziehen konnte, musste ich erstmal jede Menge Sachen zum Einrichten der Wohnung kaufen. Hierbei war mir meine Tante, die letzten Samstag in Lexington angekommen war, und ihr gemietetes Auto eine sehr große Hilfe. Folglich verbrachten wir Sonntag, Montag und Dienstag mit dem Shoppen der wichtigsten Gegenstände. Obwohl mein Apartment möbliert war, muss man doch noch Unmengen einkaufen. Vor der Abfahrt hatten wir eine Liste erstellt, auf der - unserer Meinung nach - die wichtigsten Dinge standen, die wir besorgen mussten. In den Supermärkten kann man alle nötigen Sachen finden, sofern man sie denn findet. Das ist leichter gesagt als getan, denn die Supermärkte sind um ein Vielfaches größer, als man es von Deutschland gewohnt ist. Das eigentlich Deprimierende beim ersten Supermarkt war jedoch, dass die Liste von noch einzukaufenden Gegenständen viel länger wurde, anstatt kürzer. Außerdem treten beim Einkaufen in den USA noch ganz andere Probleme auf, als man sie aus Deutschland gewohnt ist. Es ist sehr erstaunlich, wie viele Wörter man aus dem alltäglichen Leben NICHT kennt, z. B. die englischen Wörter für Locher und Besteckkasten. Dazu kommt, dass manche Gegenstände hier komplett anders aussehen (als Beispiel wieder der Locher, der hier 3 Löcher macht und viel flacher ist als in Deutschland), oder es "andere Systeme" gibt, wie z. B. beim Bett und den Bettdecken. Soßenpulver konnte ich in keinem Supermarkt entdecken, wohingegen Fertigsoßen überall waren. Maggi und Knorr haben den Weg über den Teich auch gepackt, allerdings standen sie manchmal bei "authentic Mexican food". Beim Kaufen und Aufbauen eines Regales für mein Zimmer, kamen meine herausragenden praktischen Fähigkeiten zum Vorschein. EIne halbe Stunde verbrachten meine Tante und ich mit dem Einsetzen des Schraubaufsatzes (oder wie das heißt) in den Schraubenzieher. Das Problem war, dass der Aufsatz nicht gehalten hat, und ja, wir haben es richtig herum eingesetzt und auch die Größe hat gepasst :-). Ich hoffe, es taucht davon kein Video im Internet auf (meine Nachbarn hatten wohl einen guten Blick...). Irgendwann haben wir es dann doch geschafft und wir konnten das Regal aufbauen. Nachdem alles eingekauft war, konnte ich endlich einziehen. Meine Wohnung gefällt mir sehr gut. Ein paar Bilder beschreiben sie wohl am besten.

Die Küche mit Wohnzimmer:

Die Treppe zum 1. Stock Das Bad mit Bayern-Kulturbeutel:Mein Zimmer:Der Fitnessraum:Der Aufenthaltsraum:

Bilder vom Pool, Whirlpool etc. habe ich leider im Moment nicht. Bei Gelegenheit werde ich diese nachreichen.

 

Am Montag, also gestern, habe ich mit meiner Tante eine Tour nach Frankfort (mit o statt u!) gemacht, das die Hauptstadt Kentuckys ist, obwohl es weniger als 30 000 Einwohner hat. Hier haben wir eine Tour durch das Capitol gemacht und danach das alte Capitol besucht. Hierbei wunderte ich mich über einen Zug, der mitten am Fußgängerweg gehalten hat und sich für mehr als eine Viertelstunde nicht fortbewegt hat. Nach einiger Zeit habe ich auch herausgefunden wieso: Der Lokführer hat sich bei einem Laden in der Nähe mit Pizza und einem Softdrink eingedeckt.

Nach dem Essen ging es weiter zu einer Führung durch eine Whisk(e)y-Destillerie mit anschließendem Tasting. Das war sehr interessant und v.a. lecker :-)

Heute geht es zu einer Check-In Session an die Uni, auch wenn ich keine Ahnung habe, was das genau ist.

Bis bald

flo

 

1. Eintrag

03.08.2013 15:37

Am Montag hieß es früh aufstehen, da mein Flug schon um 9:20 Uhr gehen sollte, d.h. Wecker auf 3:30 Uhr stellen und die letzten Vorbereitungen treffen. Um 5:50 Uhr kam ich endlich am Flughafen an, wobei ich natürlich aufgeregt war. Erster Flug alleine und noch dazu nach Lexington, wo ich bisher nur eine "Skype-Bekanntschaft" hatte. Zielstrebig ging ich zum Check-In Schalter von US Airways, um mein Gepäck abzugeben. Dort hieß es, der Schalter werde erst um 6:20 Uhr aufgemacht. Um 6:19 Uhr kam dann die Überraschung: Ein Mitarbeiter forderte alle, die in Charlotte (dort sollte mein 1. Flug hingehen) einen Anschlussflug hätten, auf, an einen anderen Schalter zu gehen, da der Flug 3 Stunden Verspätung hätte. An diesem Schalter sollten alle Leute - wenn nötig - andere Anschlussflüge zugewiesen bekommen. Glücklicherweise hatte ich einen der vorderen Plätze in der Schlange, weil es logischerweise eine gewisse Zeit dauert, bis man einen neuen Flug bekommt. Nach über einer Stunde Wartezeit kam ich endlich an die Reihe und einen anderen Flug zugewiesen. Somit konnte ich endlich zum Check-In, um das Gepäck abzugeben. Dort wurde gleich gesagt, dass der Flug nicht um 12:30 Uhr gehen soll, sondern dass es reicht, wenn ich um 14:00 Uhr zum Boarding erscheine. Also bin ich mit Marcus, der hinter mir in der Reihe stand und mit dem ich ein Gespräch anfing, durch den Flughafen gelaufen. Wir frühstückten  und verbrachten einige Zeit in der Airport-Mall. Zum Boarding begaben wir uns wieder Richtung Halle C der Terminals 1. Überraschenderweise stand da immer noch eine riesen Schlange von Leuten, die umgebucht werden sollten. Die Schlange erstreckte sich inzwischen auf über 40 Meter und US Airways hatte immer noch keinen zweiten Schalter geöffnet. Dann wurde durchgesagt, dass der Flug auf 17:30 Uhr verschoben wurde. Marcus und ich gingen dann in einen Wartebereich. Dort trafen wir auf eine Mutter mit ihren zwei kleinen Töchtern, die uns sagte, dass US Airways ein Mittagessen in einem Hotel für uns vorbereitet hätte. Auf dem Weg zum Hotel genügte ein kurzer Blick ins Internet, um herauszufinden, dass der Flug inzwischen auf 19:30 Uhr verschoben worden war. Nach dem Essen wollten wir, nachdem wir einige Zeit im Hotel verbracht hatten, uns auf den Weg zum Flughafen begeben. Wir hatten allerdings nicht damit gerechnet, dass der Hotelmanager in den Saal kam um uns mitzuteilen, dass der Flug komplett abgesagt wird. Weitere Informationen bezüglich unseres Fluges sollten wir um 22:00 Uhr erhalten. Um 22:00 Uhr warteten natürlich über 100 Leute auf weitere Informationen. Der Mitarbeiter von US Airways kam natürlich nicht pünktlich, wäre auch ironisch gewesen, wenn irgendwas von US Airways an diesem Tage  pünktlich gewesen wäre. Nach einer weiteren halben Stunde Wartezeit, in der die Menschen natürlich nicht gerade fröhlicher wurden, kam er endlich. Er hatte eine Liste - alphabetisch geordnet- mit Informationen über unsere Flüge. Er las alles ganz genau vor, erklärte es den Leuten ausführlichst, was als Folge hatte, dass die Prozedur ewig dauerte. Beim Buchstaben g angekommen, sagte er, dass er zurück zum Flughafen müsse, um den Rest der Liste zu holen. In Zeiten des Internets und von Druckern und Faxgeräten trug dieses Verhalten auch nicht zur Stimmungshebung bei. Um ungefähr 1 Uhr nachts kam er zurück und nach weiterer Wartezeit hatte ich endlich meine Flugverbindung, ich musste allerdings bis Mittwoch warten. Am nächsten Tag habe ich den US Airways guy darauf hingewiesen, dass mir die 2,5 h zwischen den Flügen zu kurz seien. Ich müsse durch die Immigration, die bei Leuten mit einem Studentenvisum länger dauert (2-3h wurde mir in einer Email von einer Uni mitgeteilt), durch den Zoll und evtl. wiederum mit Gepäck einchecken, da ich mit verschiedenen Airlines fliegen sollte. Er suchte nach anderen Flügen und sagte, es gäbe keine. Ich fragte nach, ob mir US Airways im Falle des Verpassens des Anschlussfluges einen anderen Anschlussflug suchen und zahlen würde, bzw. ein Hotel, sollte es keine weiteren Flüge an dem Tag mehr geben. Er sagte, es sei nicht seine Schuld und ich sollte mich an die Immigration wenden, wenn die mich so lange befragen würden. Darauf erwiderte ich, dass es durchaus seine Schuld sei, da ich mir extra 6 Stunden zwischen den Flügen gebucht hatte, um keinesfalls meinen Flug zu verpassen. Daraufhin reagierte er unerfreut. Er schlug mir auch vor, schneller zu laufen, damit ich den Flug erreichen könne.

Da mein Flug von Frankfurt nach Newark mit Lufthansa war, konnte ich dienstags schon mein Gepäck umchecken lassen. Mittwochs ging es früh an den Flughafen um die Boarding Pässe zu holen. Lufthansa konnte mir am Vortrag schon ihren Pass geben, allerdings musste ich hoffen, dass US Airways mir in Frankfurt die Boarding Pässe ausstellen konnte (was nach Auskunft der Lufthansa nicht zwangsläufig der Fall sein müsse). Das hat zum Glück geklappt und so ging es am Mittwoch dann mit dem Flug nach Newark. Dort konnten wir auf dem Hinflug noch eine Viertelstunde herausholen und da glücklicherweise die Immigration gerade sehr leer war, hatte ich keine Zeitprobleme. Von Newark ging es dann mit US Airways nach Charlotte. Dort angekommen, erfuhr ich, dass der Flug von Charlotte nach Lexington 1,5h Verspätung hatte. Nach über 50 Stunden Verspätung kam ich endlich in Lexington an, wo ich von Stephen, mit dem ich vorher über Skype Kontakt hatte, abgeholt wurde. Er lud mich auch gleich für den Folgetag zu sich zum Abendessen ein. Nachdem ich am Donnerstag ausgeschlafen hatte, erkundete ich die unmittelbare Umgebung des Hotels, in dem ich die erste Woche verbringen werde (in mein Apartment kann ich erst am 7. August einziehen). Es gibt einen McDonalds, einen FiveGuys (ein leckerer Burgerladen), einen PandaExpress (asiatisches Fastfood), einen BurgerKing, einen Subways, einen Starbucks (in dem ich frühstücke) und wohl aus lokalpatriotischen Gründen einen KentuckyFriedChicken. Lexington hat allerdings nicht nur Fastfood zu bieten, sondern es ist wohl die mit Abstand grünste Stadt, in der ich je war. Überall sind Wiesen, und Bäume. Außerdem sind die Leute sehr freundlich und man wird sogar auf der Straße gegrüßt. Ein erster Besuch des nahen Kmarts (ein Supermarkt) brachte auch viel Zeit herum. Es ist echt krass, was man hier alles in einem Supermarkt kaufen kann; Waffen sind da nur ein Beispiel. Abends wurde ich von Stephen abgeholt und wir fuhren zu seiner Wohnung, wo seine Frau schon auf uns wartete. Dort gab es ein sehr leckeres Essen und wir unterhielten uns gut. Er bot mir an, mir den Campus zu zeigen. Da sagte ich natürlich sofort zu. Der Campus ist sehr grün und es gibt dort viele Hasen, Eichhörnchen und Vögel. Die Büros sind in einem Hochhaus untergebracht, von dem aus man einen guten Blick hat. Stephen zeigte mir auch direkt die Vorlesungsräume und (von außen) die Basketballarena, die das größte Basketballstadion in den USA ist, und das American Football Stadion. Alles in allem war es ein sehr schöner Abend und ich bin echt froh, dass Stephen sich viel Zeit für mich genommen hat.

Gestern ging es mit Stephen (er holte mich ab, da ich kein Auto habe und gerade weit vom Campus entfernt wohne) zur Uni. Dort musste ich ein paar Formulare wegen meiner Anstellung als teaching assistant ausfüllen. In baldiger Zukunft werde ich auch noch einen Drogentest machen müssen; hier bin ich allerdings sehr zuversichtlich. Die nette Sekretärin führte mich gleich im Patterson Office Tower herum und stellte mich den Professoren und anderen graduate students vor. Die Leute hier sind echt sehr nett.

Den heutigen Tag habe ich bisher zur Erholung, zur weiteren Erkundung meiner Umgebung und zum Schreiben dieses Blogs genutzt. Heute Abend kommt auch schon der erste Besuch aus Deutschland, worauf ich mich sehr freue.

Bisher hatte ich also ereignisreiche Tage und ich hoffe, es geht so weiter.

flo