5. Eintrag

05.11.2013 01:48

Ich habe gerade eben den Anfang des letzten Eintrags gesehen und war schockiert, dass darin der Anfang der Vorlesungszeit beschrieben wird. Da habe ich wohl ziemlich nachgelassen; mea culpa. Inzwischen ist schon mehr als die Hälfte des ersten Semesters herum und es wird Zeit für den nächsten Eintrag. Natürlich hat sich in den letzten Wochen/Monaten einiges ereignet.

 

Ich war inzwischen auf zwei Mathekonferenzen und es ist mit sehr viel Spaß verbunden. Das liegt wohl daran, dass ich mit den Leuten, mit denen ich dort hinfahre, sehr gut auskomme und auch davon unabhängig mit ihnen viel unternehme. Außerdem lernt man viele Leute kennen, was auch sehr interessant ist. Auch das erste paper (zusammen mit Matthias Beck) ist auf arXiv.org zu finden und wurde auch bei einer Zeitschrift eingereicht. Mal schauen, wann wir etwas davon hören. Es war auf jeden Fall eine sehr coole Erfahrung zu sehen, wie meine mathematische Zukunft aussehen könnte.

 

Die Vorlesungen machen immer noch viel Spaß und auch das Arbeitspensum ist angemessen. Ab und an wird es natürlich stressig, aber alles andere wäre auch sehr komisch. Das Arbeitsklima ist extrem angenehm, da im Endeffekt jeder die Vorlesungen verstehen will und man sich auch sehr viel gegenseitig hilft. Die Vorlesungen sind vielleicht von 15-20 Leuten besucht, und somit sehr überschaubar. Somit können die Professoren viel mehr auf die Studenten eingehen und die Vorlesungen werden automatisch interaktiver (=> spannender!). Da es in den USA üblich ist, dass man midterm exams (also Klausuren zur Mitte des Semesters) schreibt, habe ich auch schon meine erste Klausur hinter mir. Interessanterweise war es ein take-home exam, was heißt, dass wir die Klausur montags in der Vorlesung ausgeteilt bekommen haben und zum nächsten Montag wieder abgeben mussten. Wir wurden dazu angehalten, dass wir die Klausur versuchen innerhalb von zwei Stunden zu schreiben und keine Hilfsmittel verwenden. Dies ist allerdings mehr oder weniger ein Tipp, damit wir uns selber gut auf die prelims (wichtige Examen zur Zulassung der Doktorarbeit, die über zwei Semester gehen) vorbereiten können. Die Form der Prüfung ist sehr angenehm, da man keinen Zeitdruck hat und somit auch keinen Blackout bekommen kann. Trotzdem war es sehr erstaunlich zu sehen, dass (zumindest meines Wissens nach) niemand mit anderen Leuten über die Klausur geredet hat und jeder es selber probiert hat. Auch sonst passt es akademisch sehr gut und ich (=meine Eltern) habe(n) sogar schon mein Bachelorzeugnis von der Uni Würzburg bekommen. :-)

Seit heute können wir uns für  die Vorlesungen im nächsten Semester eintragen. Das Interessante hierbei war zu sehen, dass jeder Student sich vorher mit seinem Betreuer darüber beraten musste. Also kümmern sich die Leute hier doch schon sehr gut um uns und es zeigt das gute Verhältnis zwischen Studenten und Professoren. An Halloween waren wir bei einem Professor zu einer Feier eingeladen. Dort war es sehr lustig und auch der darauffolgende Barbesuch war ein schönes Erlebnis.

 

Auch abgesehen von der Uni läuft es hier sehr gut. Es ist sehr leicht, Leute kennenzulernen und es haben sich klare Freundschaften und Freundeskreise herauskristallisiert. Ich unternehme sehr oft etwas mit meinen Freunden,wie z.B. der (fast) wöchentliche Besuch eines Football Spiels (inklusive pregame!). Inzwischen sind leider die Pferderennen in die Winterpause gegangen. Obwohl ich kein sonderlich großer Pferdefan bin, ist es trotzdem lustig in einer Gruppe zu Pferderennen zu gehen, 1$ Bier zu trinken und 1$ hot dogs zu essen. Am Ende war mit Keeneland nochmal ein großes Highlight angesagt, da die Veranstaltung überregional bekannt ist und somit jede Menge Leute anwesend waren. Glücklicherweise fängt diese Woche die College-Basketballsaison an. Hier ein paar kleine Eckdaten, um einmal zu zeigen, wie wichtig Basketball ist:

Am Freitag fand ein Trainingsspiels gegen ein kleines Team aus der Umgebung statt; natürlich wurde es im nationalen TV übertragen. Am Dienstag hat das Team gegen sich selbst gespielt und fast das Stadion ausverkauft. Hierbei sollte man wohl erwähnen, dass unsere Basketballarena die größte in den USA ist, größer noch als jede andere NBA-Halle.

Der Coach unseres College-Teams verdient mehr Geld, als der Coach der Miami Heat, die immerhin die letzten beiden NBA-Meisterschaften gewonnen haben. Er ist der bestbezahlte College-Coach weltweit. Bei Meisterschaften verbrennen viele Leute ihre Couch auf den Straßen. Auch wenn eine gewisse Quote an Ticktes für Studenten zurückgelegt wird, kommt man kaum an Karten. Alle Karten werden in einer lottery verlost und die Chancen sind minimal, nahezu im Epsilon-Bereich. Dafür wird in jeder Bar praktisch jedes Spiel im Fernsehen gezeigt und die ganze Stadt ist schon sehr euphorisch und es wird immer blauer (und nein, es sind keine Schalke Fans; Schalke mag auch hier keiner).

 

Sprachlich wird es immer besser und ich träume mittlerweile teilweise auf Englisch, was ein sehr komisches Gefühl war. Das Unterrichten macht mir sehr viel Spaß, auch wenn ich einen etwas fortgeschritteneren Kurs bevorzugen würde. Momentan haben wir gerade rationale Funktionen abgeschlossen und sind kurz davor, trigonometrische Funktionen einzuführen. Auf die damit zusammenhängende Rechnerei habe ich wenig Lust :) Immerhin komme ich gut mit "meinen" Studenten aus.

 

Am Ende noch eine kleine mathematische Herausforderung an die Minderheit der Mathe-Studenten, da ich die damit zusammenhängende Identität (und den Beweis!) sehr schön finde:

Beweise (ohne Induktion ;) ), dass 1³ + 2³ + 3³ +...+n³ = (1 + 2 + 3+...+n)² .

 

Ich hoffe, dass ich in den nächsten Wochen mal wieder ein bisschen öfter zum Schreiben komme.

 

Cheerio,

flo